Optische Linsen und Prismen - Materialeigenschaften richtig spezifizieren ISO 10110 Teil 18 und Revision von ISO 12123 neu erschienen

Wie viele Blasen sind in einer Linse erlaubt? Welche Schlieren-Qualität braucht man für ein großes Präzisions-Prisma? Wie gebe ich die Anforderungen so an, dass ich genau die Qualität bekomme, die ich brauche und nicht zu viel bezahle. Wie vermeide ich Missverständnisse, die zu Fehllieferungen, wesentlich verlängerten Lieferzeiten oder gar völligen Lieferausfall führen? Eine alte Weisheit der Qualitätssicherer ist, mehr als 80 % aller Fehler und Probleme entstehen aus Kommunikationsfehlern. Wie verbessert man Kommunikation? Durch wohldefinierte Begriffe und möglichst eindeutige Aussagen zu Produkteigenschaften. Diese bereitzustellen ist die Aufgabe von Normen.

Für die Beschreibung von optischen Elementen wie Linsen und Prismen und dem Material optisches Glas, aus denen sie bestehen, sind im Dezember 2018 zwei internationale Normen erschienen, die erhebliche Fortschritte in der Kommunikation ermöglichen werden. Der Teil 18 der bereits umfangreich genutzten Normenreihe ISO 10110 für Zeichnungsangaben für optische Elemente und die überarbeitete Version der Norm zur Spezifikation von Roh-Glas für optische Elemente ISO 12123. In beiden Projekten haben Experten von Herstellern optischer Systeme und von optischem Glas auf internationaler Ebene im Technischen Komitee 172 von ISO unter der Betreuung durch den DIN-Normenausschuss Feinmechanik und Optik (NAFuO) in der DIN Außenstelle Pforzheim eng zusammengearbeitet. Wichtiges Ziel dabei war, die beiden Normen aufeinander abzustimmen.   

Teil 18 der ISO 10110 ersetzt die alten Teile 2, 3 und 4, die Zeichnungseinträge für die Materialeigenschaften Spannungsdoppelbrechung, Blasen und Einschlüsse und Homogenität und Schlieren vorschreiben. All diese Eigenschaften sind im Teil 18 gemeinsam geregelt. Dabei wurde versucht, der großen Bandbreite an Elementen, ihrer Größen und Qualitätsanforderungen gerecht zu werden. So gibt es nun die Möglichkeit das Roh-Glas für die Elemente, die Elemente selbst oder Baugruppen aus Elementen zu spezifizieren. Für kleine Linsen reicht in der Regel aus, Standard-Qualität für optisches Glas zu fordern, um anwendungsgerechte Qualität zu erhalten. Je größer die Elemente sind und insbesondere je länger der Lichtweg im Glas ist, umso gezielter sollten die Anforderungen formuliert werden. Die Norm gibt dafür die Form der Zeichnungseinträge an, enthält Qualitätsstufen-Tabellen und gibt Empfehlungen für die Festlegung der Anforderungen.

Die Revision der zum ersten Mal als Rohglas-Spezifikation im Jahr 2010 erschienenen Norm ISO 12123 enthält nun Kurz-Bezeichnungen für die Qualitätsstufen, die sich an den jeweiligen Grenzwerten orientieren und führt engere Stufen für die Brechzahl und die Abbezahl ein. Bei der Brechzahl-Homogenität wird die Sollapertur für die Homogenitätsanforderung eingeführt und bei den Schlieren die Möglichkeit eine zweite und dritte Prüfrichtung senkrecht zur Hauptrichtung vorzuschreiben. Die Norm definiert die Abweichungen der relativen Teildispersionen von der Normalgeraden neu durch präzise Angaben für die Dispersionen des Standard-Kron- und -Flint-Glases. Damit werden die Katalog-Angaben für die Abweichungen der relativen Teildispersionen von der Normalgeraden unter den Herstellern vergleichbar. Auch ISO 12123 gibt im Anhang weitere Erläuterungen und Hinweise für die Qualitätsauswahl.

Beide Normen wurden zwar hauptsächlich mit dem Blick auf optisches Glas hin entwickelt, lassen sich aber auch für andere optische Materialien anwenden. Die Mindestanforderungen sind damit abgedeckt. Andere Materialien können aber noch weitere Eigenschaften mitbringen, die möglicherweise noch zusätzlich spezifiziert werden müssen.

Peter Hartmann ehemals SCHOTT AG
Clara Engesser, DIN Pforzheim
Allen Krisiloff, Triptar Lens Company

Die Normen wurden von DIN als Normen des Monats Dezember 2018 gewürdigt.

https://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nafuo/normen-des-monats-dezember-2018-319954

Detaillierte Informationen enthalten die Artikel:

Hartmann, P., “Optical glass: standards – present state and outlook,“ Adv. Opt. Techn. 2015; 4(5-6): 377–388

Hartmann, P. “Optical Glass: Deviation of relative partial dispersion from the normal line – Need for a common definition,” Optical Engineering. Vol. 54(10), p. 105–112. 2015

P. Hartmann,  Wiesbaden 15.1.2019