MPL: Symbolischer erster Spatenstich zum Baubeginn des Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin in Erlangen

Foto: Stephan Minx / MPZPM

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Oberbürgermeister Florian Janik und Vertreter der Universitätsklinik, der Universität sowie des Max-Planck-Instituts betonen Bedeutung für die Forschung in der Metropolregion – „Leuchtturmprojekt mit bundesweiter Strahlkraft“.

 

 

Eine Idee nimmt Gestalt an: Nach Jahren der Vorbereitung und Planung startet jetzt der Bau des Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin (MPZPM) in Erlangen. Bis 2024 entsteht auf dem Gelände des Universitätsklinikums an der Schwabachanlage ein Gebäude mit Laboren und Büros auf fünf Etagen für rund 180 Beschäftigte. Forscher*innen aus Physik, Mathematik, Biologie und Medizin werden hier gemeinsam nach neuen Wegen suchen, Krankheiten wie Krebs oder Querschnittslähmung zu behandeln. Sie wollen dazu die Stärken der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen nutzen, genauso wie die Kompetenzen der beteiligten Institutionen. Initiatoren des Projekts sind das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und das Universitätsklinikum Erlangen. Der Freistaat Bayern investiert in das Vorhaben rund 57 Millionen Euro.

Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik betonte beim symbolischen ersten Spatenstich am Dienstag auf der Baustelle, dass die hervorragende medizinischen Versorgung, von der die Bürger*innen dank des Universitätsklinikums profitierten, eng verwoben sei mit exzellenten Forschungsmöglichkeiten für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Es geht darum, mit dem MPZPM einen Ort zu schaffen, an dem Forschung geleistet wird, die am Schluss unsere Gesellschaft voranbringt.“
Das passiere alles an einem „geschichtsträchtigen Ort, an dem im Namen der Medizin mitten in unserer Stadt schreckliche Verbrechen begangen wurden“. Es sei damit ein idealer Ort, um zu zeigen, dass „wir heute mit Medizin anders umgehen, dass wir uns dafür verantwortlich fühlen, einen Beitrag zu leisten, dass es kein weiteres Mal passiert“. Janik nahm damit Bezug auf die historische Heil- und Pflegeanstalt (HuPfla), in der während des Nationalsozialismus Patienten Opfer von ­Euthanasie-Verbrechen wurden. Für das MPZPM weicht ein Teil des ehemaligen Patiententrakts der HuPfla. Es haben bereits die Sicherungsarbeiten begonnen, um den sogenannten Mittelrisalit des Gebäudes zu erhalten. In ihm soll ein Gedenkort für die Opfer entstehen.

„Wir alle am MPZPM engagieren uns mit viel Leidenschaft und Energie für die Forschungseinrichtung“, erklärte bei seiner Ansprache Jochen Guck, Direktor am MPL und einer der Mitglieder des Scientific Boards, dem Leitungsgremium des neuen Zentrums. „Es hat das Zeug dazu, ein Leuchtturm zu werden, der weit über Erlangen und Deutschland hinaus strahlt.“ Er hob hervor, welche Bedeutung das MPZPM nicht nur für den Forschungsstandort Erlangen hat, sondern auch für die Wirtschaft der Region. Denn im Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin entstehen zahlreiche neue Arbeitsplätze – für Wissenschaftler*innen genauso wie für Angestellte in der Verwaltung oder Techniker*innen. Bau und Betrieb des MPZPM sorgen für lokale Wertschöpfung.

„Durch die Kombination mit dem MPZPM entsteht ein einzigartiger Forschungscampus auf dem Gelände des Universitätsklinikums Erlangen“, versicherte Prof. Dr. Heinrich Iro, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Erlangen. Denn in unmittelbarer Nachbarschaft würden fast zeitgleich Gebäude für weitere neue Forschungszentren errichtet, etwa zur digitalen oder personalisierten Medizin.

Prof. Dr. Günter Leugering, Vizepräsident Research der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, sagte: „Hier geht es nicht um Nischenwissenschaft, hier geht es um einen Paradigmenwechsel in Richtung transdisziplinäre Zukunftsforschung an der Schnittstelle von Medizin, Physik und den anderen Naturwissenschaften.“ Im Zentrum werden laut Leugering drei mit Humboldt-Professuren ausgezeichnete Forscher gemeinsam mit ihren Kolleg*innen daran arbeiten, wissenschaftliche Theorie in „für Patienten relevante Praxis“ zu überführen.
Der geplante Bau verfügt über knapp 5700 Quadratmeter Nutzfläche, die jeweils zur Hälfte mit Laboren und mit Büros belegt sein werden. Über eine Brücke wird das Gebäude mit dem benachbarten Translational Research Center IV (TRC IV) des Uniklinikums verbunden sein, das gerade parallel entsteht. Ein Beispiel für die enge Verknüpfung der beteiligten Erlanger Institutionen.

Wichtige Forschungsprojekte laufen bereits – neuartiges ­Mikroskop filmt Angriffe von Corona-Viren

Auch wenn die Wissenschaftler*innen das neue Gebäude erst Anfang 2024 beziehen werden, arbeiten sie bereits heute eng zusammen – noch sind ihre Büros und Labore allerdings über die Stadt verteilt. Zu den führenden Köpfen des MPZPM zählt MPL-Direktor Vahid Sandoghdar, Leiter der Abteilung Nano­optik. Er hatte bereits 2013 die Idee entwickelt, in einem eigenen Zentrum die modernen Methoden der Physik für die Medizin nutzbar zu machen. Ein Teil seiner Arbeitsgruppe wird in den Neubau ziehen. „Meine Vision ist, dass die vielen Physiker, Mathematiker und medizinischen Forscher hier im Gebäude in jeder Ecke rege diskutieren und dass ich dabei auch mitdiskutieren kann“, so Sandoghdar, „darauf freue ich mich besonders“.

Fast komplett wechselt MPL-Direktor Jochen Guck mit seiner Abteilung Biologische Optomechanik in das Gebäude. Von der FAU wird Kristian Franze dazu stoßen, den die Alexander von Humboldt-Stiftung vergangenes Jahr mit einer Humboldt-Professur ausgezeichnet hat. Ihn hat die Uni gerade von der britischen University of Cambridge nach Erlangen als Direktor des Instituts für Medizinische Physik und Mikrogewebetechnik berufen. Ebenfalls von der FAU kommt Vasily Zaburdaev, Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik in den Lebenswissenschaften. Daneben sind weitere unabhängige Forschungsgruppen Teil des MPZPM.
Bereits heute arbeiten die Forscher an brennenden medizinischen Problemen. So hat beispielsweise Professor Sandoghdar gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe ein neuartiges Mikroskop gebaut. Mit dessen Hilfe lassen sich kleinste biologische Strukturen sichtbar machen. Es erlaubt, in höchster räumlicher und zeitlicher Auflösung zu untersuchen, wie beispielsweise SARS-CoV-2 – das neue Corona-Virus – lebende Zellen befällt. Die Versuche dazu finden gerade in enger Kooperation mit dem Universitätsklinikum statt.

Die Wissenschaftler*innen um Professor Guck haben wiederum eine neuartige Methode entwickelt, um in hohem Durchsatz die krankhaften Veränderungen von Zellen – im Wortsinne – zu ertasten. Sie können bis zu 1000 Blutzellen pro Sekunde vermessen und so feststellen, ob der Körper eine Infektion durchläuft. Gerade in Zeiten von Corona ist es wichtig, Virusinfektionen schnell und eindeutig zu diagnostizieren.
Professor Franze erforscht, wie mechanische Kräfte das Wachstum von Nervenzellen beeinflussen. Seine Hoffnung: Erkenntnisse zu gewinnen, um durchtrennte Nervenbahnen im Rückenmark dazu zu bringen, wieder zusammenzuwachsen. Professor Zaburdaev schließlich beschreibt mit seinem mathematischen Methodenkasten, wie Gonokokken Kolonien bilden und sich diese Erreger von Geschlechtskrankheiten im Körper verbreiten. Da diese Bakterien zunehmend resistent gegen Antibiotika werden, hoffen er und sein Team, Anstöße für neue Therapiekonzepte liefern zu können.

„All die Beispiele zeigen, wie fruchtbar es ist, Werkzeuge der Physik und Mathematik zu nutzen, um Krankheiten besser zu verstehen“, erklärte Professor Guck in seiner Ansprache während des Spatenstichs. „Und noch viel weitergedacht: Um genauer beschreiben zu können, was Leben eigentlich ist.“

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