MPE: eROSITA beobachtet Erwachen massereicher Schwarzer Löcher

Credit: MPE; optical image: DESI Legacy Imaging Surveys/D. Lang (Perimeter Institute)

Mit Hilfe der SRG/eROSITA-Himmelsdurchmusterung haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik zwei bisher unauffällige Galaxien identifiziert, die jetzt quasi-periodische Ausbrüche zeigen. Alle paar Stunden leuchten die Kerne dieser Galaxien im Röntgenlicht auf und erreichen dabei eine Leuchtkraft, die mit denen einer ganzen Galaxie vergleichbar ist. Dieses pulsierende Verhalten ist möglicherweise auf ein stellares Objekt zurückzuführen, das um das zentrale Schwarze Loch kreist. Da diese Galaxien relativ nah und klein sind, könnte diese Entdeckung den Wissenschaftlern helfen, besser zu verstehen, wie Schwarze Löcher in massearmen Galaxien aktiviert werden.

Quasare oder "aktive galaktische Kerne" (AGN) werden oft als die Leuchttürme des fernen Universums bezeichnet. Die Leuchtkraft ihrer zentralen Region, in der ein sehr massereiches Schwarzes Loch große Mengen an Material akkretiert, kann tausendmal höher sein als die einer Galaxie wie unserer Milchstraße. Doch anders als ein Leuchtturm leuchten die AGN kontinuierlich.

„In der eROSITA-Himmelsdurchmusterung haben wir nun zwei bisher unauffällige Galaxien gefunden, deren Röntgenemission enorm und fast periodisch pulsiert“, sagt Riccardo Arcodia, Doktorand am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE), der Erstautor der jetzt im Fachjournal Nature veröffentlichten Studie. Diese Art von Objekten ist ziemlich neu: Nur zwei solcher Quellen waren bisher bekannt; beide wurden entweder zufällig oder in Archivdaten der letzten Jahre gefunden. „Diese neue Art von pulsierenden Quellen scheint besonders im Röntgenbereich auffällig zu sein. Deshalb haben wir uns entschlossen, eROSITA quasi „blind“ einzusetzen, anstatt gezielt zu suchen. Bei unserer Analyse der Daten haben wir sofort zwei weitere Quellen gefunden“, fügt er hinzu.

Das eROSITA-Teleskop scannt derzeit den gesamten Himmel im Röntgenbereich und die kontinuierlichen Daten sind gut geeignet, um nach veränderlichen Ereignissen wie diesen Eruptionen zu suchen. Beide neue Quellen, die von eROSITA entdeckt wurden, zeigten innerhalb weniger Stunden eine Röntgenvariabilität mit hoher Amplitude, was durch Folgebeobachtungen mit den Röntgenteleskopen XMM-Newton und NICER bestätigt wurde. Im Gegensatz zu den beiden bereits bekannten, ähnlichen Objekten zeigten die Galaxien dieser neuen, von eROSITA gefundenen Quellen keine Anzeichen einer früheren Aktivität ihrer Schwarzen Löcher.

„Es handelte sich um normale, durchschnittliche Galaxien mit einer recht kleinen Masse und inaktiven Schwarzen Löchern“, erklärt Andrea Merloni vom MPE, leitender Wissenschaftler bei eROSITA. „Ohne diese plötzlichen, sich wiederholenden Röntgeneruptionen hätten wir sie ignoriert.“ Die Wissenschaftler haben nun die Möglichkeit, die Umgebung von supermassereichen Schwarzen Löchern zu erforschen, die eine relativ geringe Masse von 100 000 bis 10 Millionen Mal der Masse unserer Sonne haben.

Quasi-periodische Emissionen, wie sie jetzt von eROSITA entdeckt wurden, werden typischerweise mit Doppelsternsystemen in Verbindung gebracht. Wenn die Ausbrüche auch in diesem Fall durch die Anwesenheit eines umkreisenden Objekts ausgelöst werden, muss dessen Masse viel kleiner sein als die des Schwarzen Lochs – in der Größenordnung eines Sterns oder eines Weißen Zwerges, der bei jeder Passage durch die enormen Gezeitenkräfte in der Nähe des Schwarzen Lochs teilweise auseinander gerissen werden könnte.

„Wir wissen immer noch nicht, was diese Röntgenausbrüche verursacht“, räumt Arcodia ein. „Aber wir wissen, dass die Nachbarschaft des Schwarzen Lochs bis vor kurzem ruhig war. Eine bereits existierende Akkretionsscheibe, wie sie in aktiven Galaxien vorhanden ist, ist also nicht erforderlich, um diese Phänomene auszulösen.“ Zukünftige Röntgenbeobachtungen werden helfen, das Szenario eines um das Schwarze Loch kreisenden Objektes einzuschränken oder auszuschließen und mögliche Änderungen der Umlaufzeit zu beobachten. Liegt tatsächlich ein derartiges Szenario vor, so könnte diese Art von Objekten sowohl mit elektromagnetischen als auch mit Gravitations-Wellen beobachtbar sein und damit neue Möglichkeiten der Multi-Messenger-Astrophysik eröffnen. 

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Kontakt:
Hannelore Hämmerle
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
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