Langzeitmessung der Sr-Übergangsfrequenz

Messungen mit Cäsium-Fontänenuhren setzen auch neue Grenzen für fundamentale Tests.

PTBnews 1.202, 07.01.2021

Optische Uhren wie die Strontium- Gitteruhr dienen zur sekundären Darstellung der SI-Einheit Sekunde und werden als Kandidaten für eine Neudefinition der Zeiteinheit erwogen. Für einen nahtlosen Wechsel ist die Kenntnis der Strontium-Übergangsfrequenz im jetzigen, durch Cäsium-Atomuhren gegebenen System notwendig. Der Vergleich der beiden Uhrentypen im Zeitraum von 2017 bis 2019 erlaubte es nun, diese Frequenz mit einer Rekordunsicherheit von nur 1,5 · 10–16 in relativen Einheiten zu bestimmen. Aus den Daten konnten auch Grenzen für eine zeitliche Drift des Massenverhältnisses von Proton und Elektron und eine mögliche Kopplung an das Gravitationspotential der Sonne gewonnen werden.

Für eine zukünftige Neudefinition der SI-Einheit Sekunde werden weltweit neue Atomuhren entwickelt, die aufgrund der Verwendung eines optischen Übergangs eine höhere Genauigkeit ermöglichen als Cäsium-Atomuhren mit ihrem Mikrowellenübergang. Bereits heute dienen einige dieser optischen Übergänge zur sekundären Darstellung der Sekundeneinheit. Der Vergleich der Übergangsfrequenzen dieser optischen Uhren an unterschiedlichen Instituten erlaubt die Prüfung ihrer Konsistenz und ist damit ein wichtiger Schritt zur Validierung dieser Uhren. In regelmäßigen Abständen trägt das Internationale Komitee für Maß und Gewicht (CIPM) alle weltweit verfügbaren Daten zusammen und prüft sie auf ihre Konsistenz. Auf dieser Basis werden dann die Frequenzen der sekundären Darstellungen mit ihren Unsicherheiten neu definiert. Die neuen Frequenzmessungen der PTB werden aufgrund ihrer niedrigen Unsicherheit hier einen wichtigen Beitrag leisten. Statistische Beiträge zur Messunsicherheit spielen aufgrund der Länge des Datensatzes praktisch keine Rolle mehr – sie wird durch die systematischen Unsicherheiten der Cäsium- Fontänenuhren der PTB begrenzt, die zu den genauesten weltweit zählen. Der beobachtete Frequenzwert steht in sehr guter Übereinstimmung mit früheren Messungen an der PTB und der empfohlenen Übergangsfrequenz des StrontiumÜbergangs.

Die neuen Messungen wurden in Kombination mit Ergebnissen anderer Forschungsgruppen auch für einen Test des Einstein-Äquivalenzprinzips genutzt, wonach atomare Übergangsfrequenzen unabhängig von Ort und Geschwindigkeit sind. Da Cäsium- und Strontium- Uhren mit ihren Atomübergängen im Mikrowellen- und optischen Frequenzbereich auf sehr unterschiedlichen physikalischen Systemen beruhen, könnte eine Veränderung des Frequenzverhältnisses beider Uhren auf eine Verletzung des Äquivalenzprinzips hindeuten.

Die Frequenzdaten wurden auf eine zeitliche Drift und eine jährliche Modulation untersucht, wobei letztere durch eine Beeinflussung atomarer Parameter durch das auf der Erde im Jahresverlauf periodisch variierende Gravitationspotential der Sonne hervorgerufen werden könnte. Die Analyse der neuen Messdaten ergab eine engere Grenze für eine Kopplung des Massenverhältnisses von Proton und Elektron an ein Gravitationspotential und bestätigt überdies die bisher gefundenen Grenzen für eine zeitliche Drift dieses Massenverhältnisses.

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Wissenschaftliche Veröffentlichung

R. Schwarz, S. Dörscher, A. Al-Masoudi, E. Benkler, T. Legero, U. Sterr, S. Weyers, J. Rahm, B. Lipphardt, C. Lisdat: Long term measurement of the 87Sr clock frequency at the limit of primary Cs clocks, Phys. Rev. Research 2, 033242 (2020)

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